Donnerstag, 20. Januar 2011

Winter in Ghana


Hallo!
Nach längerer Schreibpause bin ich euch einen längeren Beitrag schuldig.
Ich werde chronologisch auszählen, was ich so erlebt habe und dabei die ein oder andere Sache einwerfen.
Los geht´s:

Anfang Dezember wurden in der Schule Examen geschrieben, und so hatte ich frei. Schon länger hatten drei belgische Austauschschüler und ich geplant, nach Busua zu fahren um dort ein paar Tage zu surfen, und so fuhr ich am 1. Dezember mit Arne los. Wir erreichten Busua am späten Abend. Arne ging es gar nicht gut, und so legte er sich sofort schlafen. Auch wir (Jolien, Manuel, Volkert und ich) blieben nicht mehr allzu lange auf und gingen bald schlafen.
Blick von der Strandterasse
Am nächsten Morgen sah ich dann den Strand das erste Mal im Sonnenlicht. Es war wunderbar. Ein langer sauberer Strand, warmes klares Wasser und ein Blick auf eine kleine Insel mit 2 Palmen.
Direkt am Strand befindet sich ein Surfshop und -verleih mit angeschlossenem Restaurant/Bar, welcher zum Dreh- und Angelpunkt unseres Aufenthaltes werden sollte. Man verbrachte den Tag Bücher lesend und relaxend auf der Strandterasse (wenn man sich nicht gerade am Surfen versuchte), spielte im Sand vorm Shop Volleyball und abends trank man meist hier kühle Getränke.

 Jene schmeckten noch besser, wenn man am Lagerfeuer die warme Nachtluft genießen konnte. Das Restaurant war jedoch ziemlich teuer, sodass wir zum Essen am Straßenrand unsere Mahlzeiten zusammenkauften.
Wurde jemand vermisst/gesucht,konnte man sich also sicher sein, dass jener in absehbarer Zeit wieder am Surfshop auftauchte.
Es war eine schöne Zeit, gekrönt von der Ankunft vieler anderer der afs-Freiwilligen, die dass verlängerte Wochenende für einen Strandaufenthalt nutzen wollten und so meiner Einladung gefolgt waren.
Das Surfen hat sehr viel Spaß gemacht, auch wenn es mit Skateboardfahren kaum etwas gemein hat, und ich so auch blutiger Anfänger war.
Eines morgens sind wir dann ca. eine halbe Stunde entfernten Insel geschwommen. Es war wirklich schön dort, jedoch bin ich dann in einen Seeigel getreten, sodass ich die nächsten Tage surfen vergessen konnte und bis heute noch Probleme habe.

Vor Ghanas Küste wurde in diesem Dezember das erste Öl gefördert. Das Land Ghana ist daran mit 10% beteiligt und viele Ghanaer erhoffen sich dadurch einen Entwicklungsschub. Die Zeitschrift "Afrikawatch" sieht in Ghana das Potenzial zum afrikanischen Dubai. Es wurde und wird heiß in den Medien und z.B. auch bei uns im Lehrerzimmer diskutiert, wie und in welchen Teilen des Landes das Geld investiert werden soll. Mich freut, dass die Mehrheit der Meinung ist, dass das Geld in die Bildung investiert werden soll, jedoch befürchte ich erstens, dass vielen Entscheidungsträgern das schnelle Geld (vor allem für sie selbst) wichtiger ist und so eine ganze Menge Geld durch Korruption bei ein paar Menschen hängen bleiben wird.

Nach diesen schönen Tagen bin ich zurück zur Schule, da die Examen zum größten Teil geschrieben waren und es nun an die Korrekturen ging. Es waren 4 sehr stressige und arbeitsintensive Tage, jedoch waren dann ab dem 17. Dezember Ferien, also schon wieder freie Zeit für mich.
Ich bin wieder zurück nach Busua, der Ort hat mich einfach verzaubert, sodass ich bis kurz vor Weihnachten wieder in Busua gesurft und eine gute Zeit gehabt habe.
Zu Weihnachten wollte ich eigentlich wieder zuhause sein, um mit meiner Familie Weihnachten zu feiern, jedoch ging es mir eines Morgens (ich hatte bei Arne in Accra geschlafen) sehr schlecht und ich hatte 40 Grad Fieber sowie leichte Halluzinationen. So bin ich am 23. ins Krankenhaus, wo sie mich (so kam es mir zumindest vor) mit allen möglichen Medikamenten vollgestopft und am Tropf gehalten haben.
Ich hab mich dann doch sehr gewundert, dass man im ghanaischen Krankenhaus kein Essen oder Trinken bekommt. Essen und sogar Wasser muss man sich von Besuchern bringen lassen. So verbrachte ich Weihnachten (bis zum 26.12) im Krankenhaus und rief tägliche verschiedene Leute an, ob sie mir etwas zu Essen und Wasser bringen könnten.
Vom ghanaischen Weihnachten habe ich so eher wenig mitbekommen.
Von Erzählungen der anderen Freiwilligen konnte ich erahnen, wie es wohl vonstatten geht.
Weihnachtsatmosphäre wie in Europa kommt kaum auf, Weihnachtsdeko gibt es fast nur in der Nähe europäischer Importsupermärkte. Eine Bescherung gibt es nur in reichen Familien, jedoch ist zu Weihnachten der Kühlschrank prall gefüllt mit allerlei leckeren Sachen und es wird viel geschlemmt. Natürlich gibt es jeden Tag prachtvolle Gottesdienste.

Prost!



Nachdem ich mich einige Tage zuhause erholt habe bin ich dann zu Silvester zum dritten Mal nach Busua gefahren, wo ich mit vielen anderen afs-Freiwilligen ins neue Jahr gefeiert habe.
Silvester am Strand zu feiern war hammer!







Ab dem 2.1. bin ich dann mit Helen und Martin in den Norden gefahren. Je weiter wir nach Norden gefahren sind, desto mehr sah die Landschaft so aus, wie ich mir Afrika vorgestellt habe. Weite Steppen mit wenig Grün, trocken und viel Staub. Wir sind an vielen kleinen Buschbränden vorbeigekommen, die von Menschen gelegt wurden. Diese Brandrodung hat mehrere Zwecke. Einmal werden unbrauchbare Steppengräser abgebrannt und als Mineralien nützlicheren Pflanzen dem Boden gegeben. Am Strassenrand dient es hauptsächlich dazu, um weiter Sicht zur Strasse zu bewahren und nicht "abgeschnitten" zu werden. Die Brände werden jedes Jahr zu dieser Zeit gelegt (Anfang der Trockenzeit), da die Pflanzen noch Feuchtigkeit in sich tragen, und so die Brände, nachdem sie eine kleine Fläsche verbrannt haben, von selbst erlöschen.

Zuerst fuhren wir zum kleinen Dorf Boabeng-Fiema. In dem anschliessenden Wald wurde vor langer Zeit ein Schrein gefunden, dem damaligen Priester deutete es als Zeichen, dass die Affen heilig sind. Heutzutage entwickelte sich daraus eine Art Symbiose:
Der Affenfriedhof
Die Affen dürfen jeden Morgen ins Dorf kommen und Bananenschalen und andere Essensreste vertilgen, dafür lockt es viele Touristen ins Dorf, welche den Bewohnern für Unterbringung und Essen natürlich Geld lassen. Auch wir ließen uns bei einer Familie einquartieren. In dieser ersten Nacht wurde uns dann bewusst, dass wir der Wüste ein ganzes Stück näher gekommen sind. War es tagsüber noch sehr warm, war es in der Nacht richtig kalt. Wir hatten leider kein Thermometer dabei. Tino, welcher vor 2 Tagen erst aus Deutschland gekommen war, meinte jedoch, dass es nur leicht unter 20 Gad gewesen sein kann. Huch.
Die Führung durch den Wald war ganz interessant, vor allem der Affenfriedhof, wo jeder Affe, der im Wald gefunden wird begraben wird.


Am Mittag haben wir dann auf ein Trotro zurück zur nächsten Stadt gewartet. Da Boabeng-Fiema ziemlich weit im Buschland liegt, fahren hier sehr selten überhaupt Fahrzeuge lang, und wir hatten großes Glück, dass gleich das erste Trotro (nach einigem Zusammenrücken und -schieben) für uns (etwas) Platz hatte.
So sind wir weiter nordwärts nach Tamale gefahren, der viertgrößten Stadt Ghanas. Wir kamen abends an, und nachdem wir einige Hostels abgeklappert haben, haben wir doch noch eine Unterkunft gefunden.
Der Bevölkerung im Norden Ghanas ist größtenteils muslimisch, und so schauten wir uns neben dem Markt und dem Kulturzentrum Tamales auch einige Moscheen an. Tamale als Stadt hat mir sehr gefallen. Es kam mir nicht ganz so chaotisch und hektisch vor, ...

Am Abend schloss ich mich dann einigen Fußballfans an, die im Fernsehen irgendein englisches Liga-Spiel angeschaut haben. Das Spiel an sich war nicht annähernd so interessant wie die Reaktionen der Zuschauer. Es wurde lautstark angefeuert, diskutiert und es gab viele Bemerkungen gegenüber den Fans der jeweils anderen Mannschaften, jedoch alles in einer sehr angenehm heiteren und für mich als Zuschauer der Zuschauer sehr lustigen Atmosphäre.

In jenen Tagen wurden die Benzinpreise erhöht, und ich in den folgenden Tagen stellte ich erstaunt fest, dass der Ölpreis direkt mit nahezu allen anderen Preisen zusammenhängt. Steigt der Benzinpreis in Deutschland, so wird einmal ganz laut durch die Medien und beim Arbeitsplatz aufgestöhnt, sonst ändert sich (erstmal) kaum etwas. In Ghana jedoch erhöhen sich (überproportional) die Transportkosten (für Taxen, Trotros usw.) und damit auch die Preise für Lebensmittel und Artikel des täglich Gebrauchs und andere Sachen. Vermutlich werden die Preise, gerade bei den Klein-Artikeln (Lebensmittel,Artikel des täglichen Bedarfs), enger kalkuliert und bei steigenden Transportkosten müssen Klein-Händler (Makrtfrauen usw.) ihre Preise erhöhen um ihren Profit, und damit ihre Existenz (!), halten zu können.

Von Tamale sind wir dann zum Mole Nationalpark aufgebrochen. Kurz vor dem Park liegt das Dorf Larabanga. In dem Dorf steht die vermutlich älteste Moschee Westafrikas. Ich war überrascht wie klein die Moschee ist, allerdings schon erstaunlich, dass die Moschee schon 600 Jahre steht. Den Innenraum konnten wir nicht besichtigen; Nichtgläubischen ist der Zutritt verboten.
In der Moschee liegt eine sehr alte Ausgabe des Koran und zu der Errichtung der Moschee gibt es eine lange Geschichte mit Mythen und Legenden, die ich jedoch nicht mehr ganz in Erinnerung habe.

ein Affe!
Nach der Besichtigung sind wir die letzten Kilometer zum Nationalpark gefahren. Im Nationalpark wurde in der Nähe von zwei Wasserlöchern ein Hotel erbaut. Wir trafen dort Hannes mit seiner Schwester und Schwager und konnten uns so deren Nachmittagssafari im Auto anschließen. Wir haben viele Tiere gesehen, versch. Antilopen, Affen, Warzenschweine, Krokodile, Affen und lustig-bunte Vögel. Ich hätte nicht gedacht, dass man all diese Tiere in der freien Natur so einfach zu sehen bekommt. Die Tiere haben wohl mit den Jahren die größte Scheu vor Menschen und Autos verloren. 


Ich habe zwar versucht ein paar Fotos von den Tieren zu machen, jedoch eignet sich meine Kamera für solche Bilder nicht gut, und so habe ich lieber Fotos von den Fotografen gemacht. ;-)

Die Fotografenfront vor dem Elefanten
Reihe Marsch!
Am nächsten Morgen sind wir dann mit der Walk-Safari aufgebrochen. Größter Unterschied zur Auto-Safari ist wohl das Spurenlesen auf der Suche nach einem Elefanten. Fußabdrücke so groß wie Tabletts, halb kahle Bäume und Schneisen durch Gebüsch, so gross wie die Front eines LKWs. So haben dann sogar einen Elefanten aufspüren könneen. Es ist wirklich ein ganz anderes Gefühl, so einen Riesen ohne Zaun 20 Meter von sich entfernt zu sehen, als ihn im Zoo zu beobachten.

Auch hier wurde Brandrodung betrieben. Einmal um die Tiere im Nationalpark zu halten, da viele Tiere die frischen Pflanzenknospen bevorzugen, welche nach einer Brandrodung aus dem Boden sprießen. Viele Tiere würden sich sonst andere Lebenräume suchen, und so aus dem Nationalpark auswandern. Andererseits um im vergleichseise kleinen Bereich der Walkingarea (insgesamt beträgt die Fläche des Nationalparks ca. 45.000 km²) sichtfreie Flächen zu errichten, um für die Touristen das Beobachten der Tiere erleichtern.

So haben wir uns nach 2 teuren aber tollen Tagen im Nationalpark auf den Rückweg über Tamale weiter nach Kumasi gemacht. Dort fand abends im Kulturzentrum das "rasmas" statt, das Weihnachten für die Rastas, welches wir uns nicht entgehen ließen. Dort trafen wir Volkert, mit dem wir das bunte Treiben beobachteten.
Wieder zurück in Accra verabschiedeten wir uns von Niklas, dessen Freiwilligenjahr nun zuende ist und der jetzt die Westküste Afrikas zurück nach Europa hochreist.

Zu diesem Anlass ist mir aufgefallen, dass man während der gesamten Zeit (vorallem beim Reisen) viele andere Freiwillige, Touristen und ghanaische Jugendliche kennenlernt. Man reist eine Zeit lang mit zufällig Getroffenen durch die Gegend, versteht sich gut, verbringt so 2 oder 3 Tage miteinander, doch dann geht man wieder getrennte Wege, trifft sich vermutlich nie wieder und wird einander bald vergessen. Natürlich ist mir das in Deutschland auch passiert, aber lange nicht so oft wie hier in Ghana. Ich kann nur schätzen, jedoch habe ich bestimmt schon über 100 solcher 2/3-Tagesbekannschaften gemacht.

Am nächsten Morgen ging es dann auch wieder zurück nach Hause, die Schule öffnete offiziell den Tag darauf.

Nun denn...
Mir wurden während des Trips die Haare geschnitten. Jeweils eine Seite wurde von Helen und eine von Hannes (mit Nagelscheren) bearbeitet. Dementsprechend sah das Ergebnis auch aus. Der Barber-Shop zurück in Aburi hat mir dann zuerst einen Topf-Schnitt verpasst, und daraufhin hab ich mir die Haare einfach abrasieren lassen. Irgendwas zwischen 5 und 9 mm. So kurze Haare standen mir mit 10 Jahren besser...






Nach diesen stark reiselastigen 1 1/2 Monaten fängt jetzt also wieder die Arbeit an, worüber ich sehr froh bin.
Der Stundenplan wird in diesen Tagen entworfen, und ich bin gespannt, in welchen Fächern ich diesen Term aushelfen werde.

Ich hoffe ihr seid alle wohlauf, hattet schöne Weihnachten sowie einen guten Rutsch!
Klaas