Dienstag, 15. Februar 2011

Die Hälfte ist um.

6 Monate liegen hinter mir, (nicht mehr ganz) 6 noch vor mir. Zeit, zu reflektieren:

Ich habe mich in der Schule eingelebt.
Ich habe Grundkenntnisse in der ghanaischen Gebärdensprache, leider nur wenig in Twi.
Mein Englisch hat sich verbessert.
Ich habe mich gut an (billiges) Reisen ohne Komfort gewöhnt.
Ich bin viel gereist, habe jetzt schon fast alles in Ghana abgeklappert, was ich auf jeden Fall sehen wollte.
Ich habe meinen ersten der Big Five Afrikas gesehen; einen Elefanten.
Ich habe mein Lieblingurlaubssort gefunden (Busua).
Ich bin ruhiger geworden. Nicht mehr so nervös, unruhig wie noch in Europa.
Ich kann auch mal einen Nachmittag oder einen Wochenendtag ohne vier verschiedene Vorhaben aushalten.
Das Aufraffen zu neuen Taten allerdings verlangt mehr Energie.
Ich komme gut ohne tägliches Internet aus.
Der Anblick von offener Kanalisation ist normal.
Stromausfälle sind nunmal Stromausfälle.
Mein Gefühl für Energie und Wasser hat sich geändert.
Fließend Wasser ist nicht nötig, es ist bequem.
Ich wasche meine Wäsche mit den Händen (und krieg sie trotzdem sauber, auch Blutflecken auf weißen T-Shirts :-) )
Ich war oft in der Kirche.
Ich bin nicht gläubiger.
Ich bin ordentlicher.
Ich bügel meine Klamotten, halte mein Zimmer sauberer (als in Deutschland) und es gibt eine Ordnung auf meinem Laptop ;-).
Ich habe sehr viele Fotos geschossen.
Ich habe wenig gefilmt.
Ich habe viele nette Leute getroffen, von denen ich die meisten wohl nie wiedersehen werde.
Ich habe einige Freundschaften geschlossen, und freu mich darauf, mehr mit Ihnen zu unternehmen.
Ich mache sehr viel weniger Party als in Deutschland.
Die ghanaische Musik geht mir mittlerweile auf die Nerven.
Das Radio- und Fernsehprogramm ist auf Dauer ebenfalls sehr nervig.
Ich mag einige ghanaische Gerichte mittlerweise sehr gerne.
Ich esse viel mit der (rechten) Hand.
Ich trinke viel Wasser, selten Getränke mit Geschmack.
Ich kann schwarze Leute besser auseinander halten (anfangs ziemlich schwer).
Ich habe einen neuen Namen (Kofi, oder Kofibruni).
Ich habe bis jetzt schon mehr Bücher gelesen als in den letzten 2 Jahren in Deutschland zusammen.
Ich hab die Haare kurz.
Ich habe neue Sportarten ausprobiert; (richtiges) Mountainbiken und Surfen.
Ich komme gut mit dem Klima zurecht.
Ich würde (für eine Minute oder so) aber auch gerne mal wieder dick eingepackt im eisigkalten Schneefall stehen.
Ich war dreimal im Fernsehen.
Der kleine Nachbarsjunge heult nicht mehr wenn er mich sieht, er mag mich jetzt.
Es gibt bei mir in der Umgebung weniger Obruni-Rufe.
Ich habe ein anderes Gefühl für Geld.
Ich habe schlimmes Elend hautnah gesehen und erlebt.
Afrika ist nicht nur Elend und Hunger.
Ich bin politisierter als in Deutschland, interessiere mich mehr für Politik und Weltgeschehen.
Mit Käse und Milch kann man mich mittlerweile aus jeder Reserve locken.
Ich denke viel an Deutschlandund freue mich schon sehr darauf zurückzukommen.
Ich komme ganz gut mit meiner Familie zurecht.
Ich freue mich darauf, in einer WG, und nicht mehr in einer Familie zu leben.
Ich habe ein paar ghanaische Eigenschaften zu schätzen gelernt.
Ich habe gelernt mit vielen ghanaische Eigenschaften umzugehen.
Ich kann gleichzeitig fernsehen und Radio hören.
Ich kann jetzt Eimer mit Wasser ohne Überschwappen durchs Haus tragen (klingt einfacher als es ist!).
Ich glaube nicht, dass ich später als Entwicklungshelfer mehrere Jahre am Stück im Ausland verbringen könnte.
Ich habe die Skateparkgeschichte angestossen.
Die lange Skatepause tat meinem Skatelevel gar nicht gut, und ich slamme immernoch sehr viel ;-)

Ich hatte bis jetzt eine schöne Zeit.

Mir geht es gut.

Ich bin motiviert.

Ich habe noch viel vor.

Dienstag, 8. Februar 2011

Korruption in Ghana

Neulich lief auf einem ghanaischen Sender eine Sendung über Korruption am Containerhafen in Tema(*).
Vier Teams sind undercover zum Hafen gefahren und haben versucht, soviel Korruption wie möglich mit versteckter Kamera aufzunehmen. Zum Beispiel wurde versucht einen Container als gemeinnützig (also Materail für z.B. Schueln und Krankenhäuser) steuerfrei durch den Zoll zu bekommen. Durch diese Aktion (und weitere Recherchen) konnten mehrere Korruptionsfälle aufgedeckt werden, in denen viele große Firmen (z.B. auch Nestlé) und die Zollbeamten involviert waren. Dem Staat werden durch jene Machenschaften jährlich viele Millionen Cedi (1 Cedi sind ca. 1,9 €) unterschlagen.
Dieser Sendung folgte in den letzten Tagen ein großer Aufruhr; angefangen beim Erstaunen von meiner Gastmama Joyce, über Gespräche im Lehrerzimmer am nächsten Morgen und dem Aufschrei der Zeitungen sowie Stellungnahme der Regierung und die darauf folgenden Reaktionen der Opposition.
Ich habe das Gefühl, dass viele Ghanaer erschreckten, wie weit die Korruption in ihrem Land reicht und sich bewusst wurden, wieviel Schaden dies anrichtet.
Es ist hierzulande üblich, Polizisten mit ein paar Cedi zu bestechen, wenn die Lizens fürs Fahrzeug abgelaufen ist etc . Außerdem meinte ich beim (hitzigem) Gespräch mit meinen Lehrer-Kollegen rausgehört zu haben, dass viele der Meinung waren/sind, dass diese kleinen Korruptiönchen doch nicht schlimm sein könnten.

So sehr ich diese Aufklärung der Dinge unterstütze, befürchte ich jedoch, dass es wie so oft, wie bei so Vielem, nach und nach totdisskutiert wird und im Endeffekt kaum etwas geschieht. Dafür reicht das Netz meiner Meinung nach viel zu hoch ins Parlament und sonstige hohen Instanzen. Viele hohe Tiere würden ihre bequeme Nebeneinkünfte verlieren.

Besonders traurig sind dann bestimmte Einzelfälle, in denen ein Container voll mit Schulausstattung von Kanada in den Norden Ghanas geschickt werden soll (von Schreibmaterial bis zu neuen Computern). Jener Container geht zuerst "verloren", wird dann nach 5 Monaten und (offiziellen und legalen) Extra-Draufzahlungen wiedergefunden. Die Hälfte des Inhalts wurde gestohlen (darunter die PC's), der größte Rest zerstört.




* Tema ist die einzige geplante Stadt in Ghana, liegt ca. 30 km östlich von Accra's Innenstadt und besitzt neben einigen Fabriken jenen besagten Container-Umschlags-Hafen.

Montag, 7. Februar 2011

Skate"park"

Vor einiger Zeit schon habe ich einen alten Basketballplatz entdeckt (aufmerksame Leser erinnern sich womöglich) und ich fasste den Plan, dort ein paar Rampen aufzubauen und den Jugendlichen das Skateboardfahren näher zu bringen.

Es hat jedoch sehr lange gedauert, bis ich damit angefangen habe.
Nachdem ich nun genug Holz zusammengesucht habe, bastelte ich mir eine sehr einfache kleine Rampe zusammen, wobei natürlich viele neugierige Kiddies zuschauten. Jedoch schaffte es Judith die (ab und an) nervenden Kleinen abzulenken und brachte Ihnen das Uhrenlesen bei. Danke.





Es stellte sich dann auch hinaus, dass der Basketballplatz gar nicht so verlassen ist, einige Ghanaer treffen sich hier an manchen Abenden um ein bisschen zu spielen. Mit den Rampen am Rand des Platzes haben sie aber keine Probleme.




Mein erster fotografierter Skateboardtrick in Ghana!

NanaKwasi
Nach ein paar Tagen jedoch war der Belag der Rampe verschwunden; der wird wohl an anderer Stelle dringender gebraucht. Das gab mir einen kleinen Dämpfer, aber die Rampe bleibt noch fahrbar (siehe Bild ;-) ) und so werde ich  mir bei den nächsten Rampen (Curb und Quarter und mal schauen was noch alles!?!) etwas ausdenken müssen, wie das alles auch brav am Platz bleibt.
Das Foto hat übrigens Nana Kwasi geschossen, der vom Skaten sehr begeistert war und auch sonst hochmotiviert wirkte, sodass ich ihm eins der Set-Ups geben werde, die den Weg nach Ghana gefunden habe. (*)
kurz vor dem Weltuntergang


Sekunden nach dem Foto platzen die ersten dicken Tropfen auf den Boden, es begann zu regnen; nach monatelanger Trockenperiode plötzlich Regen! Und wie! Es war genauso, wie man es sich es vorstellt: Alles flüchtete unter den nächsten Unterstand und die Kinder zogen sich aus und liefen in den Regen, tanzten und sprangen in den immer größer werdenden Pfützen herum. Ein Donnerschlag jagte den Nächsten und die Blitze erhellten die Szenerie fast ununterbrochen. Nana Kwasi erzählte mir, dass nach traditionellem Glauben die Blitze von Gottheiten gelenkt werden, bei denen man sich den Tod eines Feindes erbeten kann. Auch mein Vater (immerhin Hilfspastor in der örtlichen (christlichen) Kirche) glaubt daran. Christlicher und traditioneller Glauben werden in Ghana oft gemischt, heraus kommt dadurch oft eine Weltansicht, die vor Widersprüchen nur so strotzt.
Der Regen auf dem seit Monaten aufgeheiztem Holz verdunstete sofort und so stieg kurz nach dem Regen aus den Wäldern dicker, fester Nebel auf. So noch nicht erlebt. Zum Glück war ich zu der Zeit gerade am Skaten, sonst hätte ich das Meiste wohl im Haus verpennt.



* Vielen Dank an dieser Stelle an alle, die etwas zum Skatepaket dazugesteuert haben, meinen Bruder Jan fürs Zusammensuchen und -packen sowie in den Süden Deutschlands bringen und Aminas Vater fürs Einfliegen nach Ghana! Danke!

Rita Marley

An alle Freunde der Reggae-Musik:

Ganz in der Nähe, ca. 7km entfernt, wohnt Rita Marley, Ehefrau der verstorbenen Reggae-Legende Bob Marley. Anfang August, ein paar Tage bevor wir nach Ghana gekommen sind, ist leider ihr Haus abgebrannt, und damit auch ihr Musik-Studio. Sie wohnt wohl momentan in dem Souvenir-shop neben dem Haus, welches sie sich zu einem neuen Heim ausbaut. In dem Shop soll auch ein ehemaliger Bodyguard von Bob Marley anzutreffen sein.
Persönlich getroffen habe ich beide jedoch nicht.
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, gehört Rita Marley zur Royal family, also der Familie des Chiefs.
Mehr weiß ich allerdings nicht.

Sonntag, 6. Februar 2011

Besuch aus Deutschland!

Unser Schulleiter und Mary vor den PC's
Am Dienstag den 01.02 bekam unsere Schule Besuch. Mary Appiah-Schwed (oder auch Black Pearl), in Deutschland wohnend, traf gegen Mittag ein und hatte ein paar Pentium 1&2 Computer sowie viel Schreibmaterial als Spende an die Schule im Gepäck. Die Freude war allgemein groß und Judith und ich werden die nächsten Tage neben dem Unterrichten wohl für die Einrichtung der Computer zuständig sein.  Ihr Vater hat vor 48 Jahren diese Schule gegründet, als seine Tochter (nicht Mary) durch Meningitis gehörlos geworden ist und er feststellen musste, dass es in Ghana keine Gehörlosenschule gab. Frau Appiah-Schwed besitzt in Deutschland einen Catering-service der anscheinend gehobenerern Klasse, so bekochte sie schon klangvolle Namen wie Tiger Woods, Bill Gates und das ghanaische Fußballnationalteam (während der WM in Deutschland) und scheint wohl auch sonst eine gefragte Persönlichkeit zu sein, denn sie saß schon bei DAS! (mdr) auf dem roten Sofa etc. Wir hatten leider kaum Zeit zu reden, sie musste gleich weiter zum nächsten Termin, aber sicherlich eine interessante Person. Wir haben Kontaktdaten ausgetauscht, ich bin gespannt ob und wie wir in Kontakt bleiben.

Freitag, 4. Februar 2011

Das ghanaische Händeschütteln

Heute gibt es etwas Praktisches für euch; das ghanaische Händeschütteln!

Treffen sich zwei bekannte Personen (auf den Beispielbildern sind dies mein kleiner Gastbruder Andy und ich) wird auch hier dem gegenüber die Hand gegeben, jedoch mit einem kleinen Extra:
Zuerst wird wie in Europa eingeschlagen, wahlweise auch mit einem Voreinschlag (1-2), der an die Haltung beim Armdrücken erinnert und dann fließend (3) in die „normale“ Haltung (4) übergeht.
Statt nun einfach loszulassen streifen die Hände langsam auseinander (5), Mittelfinger und Daumen suchen ihre jeweiligen Gegenüber (6) und schnippen nun zusammen mit den Fingerkuppen des Partners(7). Es erfordert etwas Übung bis dabei auch ein schönes Schnippgeräusch entsteht. Wehtun sollte es eigentlich nicht.
Viel Spaß beim Ausprobieren! :-)

Diese Art der Begrüßung ist keinesfalls nur unter Jugendlichen verbreitet. In jedem Alter und jeder sozialen Schicht wird sich mit dem Schnippsen begrüßt!

Donnerstag, 3. Februar 2011

"Bundesjugendspiele"

In unserer Schule fanden letzte Woche „Bundesjugendspiele“ statt. In vielen leichtathletischen Disziplinen traten die besten Schüler/-innen der Schule gegeneinander an. Das örtliche Fußballfeld (immerhin ein Mix aus Schotter und Gras) wurde durch das Auftragen von Kreide mit Laufbahn, Werf- und Springplätzen etc. ausgestattet. Die Ausrüstung war allerdings eher bescheiden, doch die Motivation der Schüler glich das locker aus. Viele Schüler liefen barfuß (und holten sich so Wunden an den Füßen) und die Hochsprungmatten taugten vielleicht zum relaxen, jedoch weniger für einen Fall aus bis zu 1,70m. Bei diesen Wettkämpfen wurden so die Besten der Besten der Schule in den jeweiligen Disziplinen ermittelt. Jene werden im März gegen die Champions anderer Schulen antreten.
War ein entspannter Vormittag.


die Hochsprungstation
schnell, schneller, barfuss
flieg, Speer, fliieeeg!

Messen und notieren

Mittwoch, 2. Februar 2011

Der Alltag beginnt wieder!

Der zweite Term dieses Schuljahres ist jetzt wieder in vollem Gange. Ich unterrichte wieder Technical Drawing sowie ICT . Der Alltag hat also wieder eingesetzt. Mir geht es nun ganz gut dabei, wenn ich auch anfangs Probleme mit meiner Motivation hatte. Die „ghanaische Gelassenheit“ spiegelte sich bei mir in Faul- und Trägheit wieder; das Aufregende an dem neuen Alltag ist vollends verschwunden. War ich es in meinem deutschen Alltag noch gewöhnt unter Druck zu arbeiten (ob Schule, Arbeit, gesellschaftlicher Druck oder von welcher Richtung auch immer) stellte ich hier fest, dass eigentlich niemand etwas von mir erwartet, und so wurde ich für eine kurze Zeit sehr gemütlich. Jedoch hat sich dann zuerst mein Gewissen gemeldet und daraufhin auch mein Tatendrang, sodass ich nun nach einer „Aufraff-Phase“ wieder motiviert in den jeweiligen Tag starte. Das ist für mich eine wertvolle Erfahrung; mit nichts als dem eigenen Kopf angetrieben zu werden.
Das hat in letzter Zeit ganz gut funktioniert und so kann ich am Wochenende oder am frühen Abend den entspannenden Aufenthalt im Botanischen Garten auch so richtig genießen; bei angenehm-deutsch-hochsommerlichen Temperaturen mit Palmen und anderem Gewächs rundherum und ein erfrischendes Lüftchen zwischendrin, während ich auf einer Bank sitze, die Touristen beobachte, mit Judith plauder und auf den Eismann warte (der noch nie zur richtigen Zeit vorbeigekommen ist...) Herrlich.

Ich habe herausgefunden, dass ich Beiträge per Timer erst nach einiger Zeit veröffentlichen lassen kann, und so kommen die nächsten schon geschriebenen Beiträge in mundgerechten Häppchen täglich (oder auch mal nach zwei Tagen?!? hehe) auf euch zu.

Also täglich reinschauen! :-)

Klaas

PS: Kommentare sind eine tolle Schreibmotivation für mich ;-)