Ich denke es ist an der Zeit etwas über Festivals und Chiefs zu verlieren, und da bietet sich der letzte Dienstag ganz gut an:
Diese Woche findet in Aburi ein Festival statt. Diese Festivals bedeuten für eine Woche Ausnahmezustand in dem jeweiligen Ort. Sie beginnen meist Montag, und dauern dann bis Samstag an. Jeder Tag hat seine eigene Bedeutung, so wird zum Beispiel Dienstag den im letzten Jahr Gestorbenen gedacht. Das geschieht hier allerdings nicht traurig und verhalten, im Gegenteil, das wird gefeiert. So traf ich mit Dienstag mit Joe, der letztes Wochenende auf einer 2-Tages-Bike-Tour (dazu die nächsten Tage mehr) unser Guide war. Wir tranken in einer schönen Bar mit schöner Aussicht (man kann z.B. die Flugzeuge in Accra landen sehen) ein Bierchen. Daraufhin stellte er mich seiner Familie vor. Was ich vorher nicht wusste, er ist Teil der regionalen royalen Familie. Seine Tante,welche die Queen (mit der Funktion einer Bürgermeisterin) des Stadtteils ist, lud mich zu einem speziellen Event um Mitternacht ein. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen (da das Ablehnen solch einer Einladung auch als Beleidigung angesehen werden kann) und nach einem kurzen Anruf bei meinem Hostdaddy stand dem auch nichts mehr im Weg. Die Zeit bis dahin überbrückten Joe und ich feiernd und tanzend in einer Freiluftdisko, die sehr gut besucht war. Danach führte mich Joe zum Palace, eine Art traditionellem Rathaus. Dort gingen wir durch den öffentlichen Innenhof in das Hinterhaus, welches eigentlich den Chiefs und der royalen Familie vorbehalten ist. Ich traf dort viele anscheinend wichtige Männern und Frauen in traditionellen Gewändern, schüttelte deren Hände und betrachtete viele Bilder von verschiedenen Chiefs (sicherlich überregionale) mit anderen wichtigen Männern der Welt (z.B. auch Clinton, G.W.Bush und Barack Obama), jederzeit darauf bedacht, keine Respektlosigkeit zu begehen (wie z.B. einen bestimmten Teppich zu betreten oder eine Anhöhe zu berühren).
Wieder vor dem Palace trafen wir dann auf 4 Royal Soldiers mit weitem Gewand, unter dem sie ein Gewehr versteckt hielten. Diese Royal Soldiers beschützen nach der Tradition den Chief.
Dann war es auch schon Mitternacht und Joe ging mit mir in einen etwas entfernteren Hinterhof, in dem die regionalen Chiefs eine Diskussion führten. Nachdem ich mich richtig vorgestellt habe (von rechts nach links gehend, Anrede immer mit „Nana“ - König, und einer kleinen Verbeugung vor wichtig ausschauenden (Kleider machen Leute) Frauen und Männer war es mir dann auch erlaubt, schweigend der Diskussion beizuwohnen. Während die Chiefs also diskutierten (ob Atwiuasin, eigentlich ein eigener Ort, mittlerweile aber als Stadtteil Aburis angesehen, offiziell wieder ein eigener Ort werden soll) wurde hinter meinem Rücken nach einem traditioneller Brauch eine Ziege geschlachtet. Nachdem dann eine Entscheidung gefällt worden ist (Atwiuasin bleibt offiziell ein Stadtteil Aburis) wurde ordentlich Schnaps getrunken und die Ziege unter den Chiefs aufgeteilt, und ich ging zwar ohne Ziegenfleisch, dafür den Kopf voll vom selbstgebrannten, sehr starkem Schnappes (es wäre äußerst unhöflich und respektlos gewesen, die Drinks auszuschlagen) und neuer Erkenntnisse nach Hause:
Neben der sehr großen gesellschaftlichen Macht besitzen die Chiefs auch sehr viel politische Macht. Was genau zum Aufgaben- und Entscheidungsbereich gehört, weiß ich allerdings noch nicht.
Zum Beispiel werden Landstreitigkeiten von den Chiefs gerichtet.
Die Position des Chiefs wird vererbt; stirbt ein Chief, entscheidet die Königin (die Frau des Chiefs) wer in der royalen Familie der nächste Chief wird.
Gerade bei einem Festival drehen die Chiefs und generell Jeder, der eine traditionell wichtige Rolle inne hat ziemlich auf und nehmen ihre Rolle sehr ernst.
Nach der Tradition werden die Chiefs von einem kleinen Jungen begleitet, der die Seele des Chiefs verkörpert. Starb der Chief, wurde die Seele mit ihm (lebendig) begraben. Doch heutzutage wird kein Kind mehr getötet und auch habe ich kaum Chiefs mit einem kleinen Jungen an der Seite gesehen, Diese Tradition scheint langsam zu versiegen.
Es gibt mal wieder keine Fotos, da ich meine Kamera nicht dabei hatte, jedoch hätte ich mich sowieso nicht getraut, die Situationen zu fotografieren, da es denke ich respektlos gewesen wäre.
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